Dachten Sie, Orientierungslauf sei eine seltsame Randsportart für Läufer, die gerne Karten lesen? Falsch gedacht! Die Spitzensportler sind phänomenale Athleten. Suunto-Botschafter Mårten Boström ist einer von ihnen. Wir haben ihn gefragt, wie er das macht – und warum er eine gute Karte liebt, besonders wenn sie auf dem Kopf steht.
Was beinhaltet Ihre Ausbildung?
Wenn ich gesund bin, laufe ich etwa 140–170 km pro Woche. Da es bei meinem Sport aber nicht nur ums Laufen geht, trainiere ich auch viel. Momentan sind das schon mal 20 Stunden pro Woche.
Zeit im Fitnessstudio?
Ich befinde mich gerade mitten in einer Schnellkraftphase, in der ich im Fitnessstudio kurze und schnelle Kniebeugen, einbeinige Kniebeugen und Wadenheben mache. Gegen Ende der Phase nutze ich die gewonnene Kraft beim Laufen durch Sprünge und 7x7 Sekunden lange Bergsprints.
Wie sind Sie zum Orientierungslauf gekommen?
Meine älteren Geschwister trieben diesen Sport, also folgte ich ihrem Beispiel schon in jungen Jahren und erinnere mich an mein erstes Rennen im Alter von fünf Jahren.
Was ist der Reiz?
Die Doppelaufgabe besteht darin, die beste Route durch unbekanntes Gelände zu finden und dabei Ihren Körper einer starken körperlichen Belastung auszusetzen.
Ist es wichtiger, ein großartiger Sportler oder ein großartiger Navigator zu sein?
Die Herausforderung besteht darin, konzentriert zu navigieren und gleichzeitig so schnell wie möglich zu laufen. Beides ist wichtig. Heutzutage sind die Karten bei Elite-Events so gut, dass jeder kleine Navigationsfehler wahrscheinlich dazu führen kann, dass man nicht auf dem Podium landet.
Und man muss gut in Mathe sein, richtig?
Es ist kontinuierliches Denken bis zur Ziellinie.
In Ihrer Biografie steht, dass Sie gerne Karten erstellen?
Kartografie ist sowohl professionell als auch unterhaltsam. Ich promoviere in Geographischer Informationswissenschaft an der Universität Helsinki, wo ich Methoden zur Nutzung von LiDAR-Daten (Lasertechnologie) für die Kartografie erforsche. Ich habe aber auch schon verschiedene Karten auf der ganzen Welt gezeichnet. Am schönsten ist es, wenn ich Laufen und Arbeit kombinieren kann, wie ich es kürzlich in Taita Hills, Kenia, getan habe.
Warum ist die Navigation mit Karte und Kompass besser als mit GPS?
Für beides ist Platz! Normalerweise zeigt ein GPS den kürzesten Weg zu einem POI (Point of Interest), aber mit Karte und Kompass finde ich den schnellsten Weg. Ich nutze aber auch GPX-Tracks als Orientierung bei Trailläufen in unbekanntem Gelände, zum Beispiel auf abgelegenen Inseln in Thailand.
Haben Sie schon immer Karten geliebt?
Karten sind Kunstwerke! Als Kind habe ich Karten mit weit entfernten Orten bewundert und eigene Fantasiekarten gezeichnet. Ja, ich habe Karten schon immer geliebt. Wenn man lernt, eine Karte zu lesen, ist es wie eine neue Sprache – und eine neue Welt voller Möglichkeiten eröffnet sich.
Hast du einen Favoriten?
Ich mag Karten, die nicht nur geographische Themen darstellen, wie zum Beispiel die Ausdehnung von Ländern, die ihre Bevölkerungszahl statt ihrer Landmasse repräsentieren. Meine Lieblingskarte ist jedoch die „Umgedrehte Weltkarte“, die die kartografische Regel, Norden immer oben und Europa in der Mitte zu haben, in Frage stellt.
Können Sie drei Tipps geben, wie man Karten besser lesen kann?
1) Studieren Sie Karten verschiedener Teile der Welt
2) Stellen Sie sich vor, wie das Gelände aussieht, indem Sie ein 3D-Bild in Ihrem Kopf erstellen
3) Halten Sie Ihren Daumen auf Ihren Standort auf der Karte gerichtet und bewegen Sie ihn beim Weiterlaufen immer weiter.
Was sind Ihre Ziele für 2016?
Mein Ziel ist es, bei den Weltmeisterschaften im Orientierungslauf auf der Sprintdistanz Gold zurückzuholen.
HAUPTBILD: © Matleena Boström